Pussy-Riot in der Christ-Erlöser-Kathedrale, Madonna am Kreuz, Alexamenos betet seinen Gott an. Drei Schlaglichter der Blasphemie. Drei Schlaglichter auch in die Geschichte des Christentums und seinen Umgang mit den Verächtern der Religion. Thomas Laubach versammelt in seinem TheologieKontrovers-Band „Kann man Gott beleidigen? – Zur aktuellen Blasphemie-Debatte‟ Beiträge, die zur Auseinandersetzung mit der Gegenwart und Geschichte der Gottesschmähung auffordern. Eine lesenswerte Lektüre.
Nicht wenige Zeitgenossen sind der Auffassung, die Blasphemie sei in den letzten Jahren aufs Neue erstarkt. Ganz sicher ist der Umgang der Gläubigen mit Schmähungen ihres Glaubens erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit einer kritischen Öffentlichkeit gerückt. Denn ganz unerheblich, ob der Karikaturenstreit rund um die Mohammed-Darstellungen in französischen und dänischen Zeitschriften oder der Aufruhr rund um Papst-Satiren auch in Deutschland nun Zeichen eines (Wieder-)Erstarkens der polemischen Religionskritik sind oder so wie immer zu den unvermeidlichen – und notwendigen – Begleiterscheinungen der Religion gehören: die teils gewaltsamen Reaktionen der Gläubigen in aller Welt lassen die Frage umso dringlicher werden, wie ein entspannter, aufgeklärter Umgang der Religion mit ihren Kritikern aussehen könnte.
„In der Diskussion dazu prallen die Fronten aufeinander: Während die einen auf die Meinungsfreiheit pochen, sehen andere den Tatbestand der Blasphemie erfüllt, der Gotteslästerung oder der Verunglimpfung des Glaubens. Aber können Gott und der Glaube überhaupt beleidigt werden? Deckt die Meinungsfreiheit jede Äußerung ab? Braucht Religion den Schutz durch den Staat? Sollen Gläubige gelassener oder engagierter mit Blasphemien umgehen?“ (aus dem Klappentext)
Beispiel Islam?
Immer wieder rekurrieren die Autoren auf den Umgang des Islam mit vermeintlichen Schmähungen zum Beispiel seines Propheten. Gelegentlich scheint es, als ob der wilde Protest, die gewaltsamen Demonstrationen inklusive Bedrohung Andersgläubiger und Fahnenverbrennung als gangbarer Weg auch für die christlichen Kirchen angesehen wird. Jedenfalls wird die Haltung des Ignorierens und Abperlens, die hießige Großkirchen vor allem praktizieren, deutlich kritisiert.
Trotzdem: Alle Autoren stellen sich, vor die Entscheidung gestellt Religions- und Meinungsfreiheit gegeneinander abzuwegen, auf die Seite der liberalen Öffentlichkeit. In sofern bleiben sie im Rahmen dessen, was in Deutschland erwartbar scheint.
Drei Fragezeichen
Der Band teilt sich nach einer Einleitung des Herausgebers in drei Teile. Drei Fragestellungen ordnen die Beiträge: Wie viel Blasphemie veträgt der Glaube? Darf Kunst alles? Ein Recht auf Blasphemie? Die Antworten in aller Kürze: Reichlich. So ziemlich. Ja.
Unter den drei Teilen fällt „Darf Kunst alles?‟ ein wenig hinter das ansonsten hohe Debattennivau zurück. Besonders der Beitrag von Wolfgang Wunden „Loslassen mit Blick nach vorne‟, der sich mit Blasphemie in den Medien beschäftigt, ist seltsam wirklichkeitsfremd geraten. Das mag daran liegen, dass der Autor Beispiele auswählt, die er nicht durchschaut.
Besonders gelungen sind die Aufsätze von Gregor Maria Hoff, des Herausgebers Thomas Laubach und Harald Schroeter-Wittke, der den protestantischen Beitrag zu diesem ansonsten liberal-katholischen Band beiträgt.
Fazit
Diese und andere Beiträge machen den Band zu einer einer hervorragenden Einstiegslektüre für interessierte Zeitgenossen und Theologiestudierende. Wie auch immer man sich selbst in der fortlaufenden Debatte selbst positionieren möchte, fundiertes Wissen um die Debatte bleibt notwendig, um sich als informierter Bürger an ihr zu beteiligen. Dazu liefert diese Aufsatzsammlung einen wichtigen Beitrag.
(Dankenswerter Weise wurde mir vom Verlag Herder ein kostenloses Rezensionsexemplar zu Verfügung gestellt. Diese Rezension ist am 24.11.2013 auf theologiestudierende.de erschienen.)
Kann man Gott beleidigen?
– Zur aktuellen Blasphemie-Debatte
Thomas Laubach (Hg.)
Verlag Herder
12,99 €
Link zur Verlagshomepage
Kommentare
Eine Antwort zu „Lass meinen Gott in Frieden! – Rezension TheologieKontrovers „Kann man Gott beleidigen?““
Vielen Dank für diesen Buchtipp – werde mir das wohl selbst zu Weihnachten schenken 🙂
Sehr interessante und vor allem relevante Themen, irgendwo begegnet einem das Thema „Schmähung“ oder gar „Anfeindung“ doch auch selbst, wenn man seinen Glauben aktiv lebt und bezeugt 😀