“Wenn Evangelikale den Finger in die Wunde legen” – Der Tragödie zweiter Teil

Im ersten Teil dieses Nachschlags auf meinen Hauptgang “Idea und der Islam – Blattkritik und Einordnung” vom letzten Mittwoch habe ich mich mit dem von Uwe Heimowksi thematisierten Problem der Verfolgung von christlichen Flüchtlingen in deutschen Flüchtlingsunterkünften befasst. Mein Fazit: Wenn Evangelikale den Finger in die Wunde legen, kann es auch ein Fehlgriff sein.

Im zweiten Teil des betreffenden Artikels (idea-Spektrum Nr. 31/31, 3. August 2016, S. 8) und meiner kleinen Aufbereitung geht es um das Attentat auf einen Schwulenclub in Orlando und dessen evangelikale Nachwehen. Als Grundlage für die Beurteilung meiner Einlassungen kann dieser Text des Arbeitskreises Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz dienen, der vom idea-Spektrum-Artikel nur gering abweicht.

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5 x Moment mal (März – Mai 2016) (Update)

In letzter Zeit sind fünf Moment-mals von mir auf theologiestudierende.de erschienen. Hier – wie immer – die Leaser (Links + Teaser):

Ist verziehen (Genesis 33, 1–10) (7. März 2016)
“Vergeben ohne Einsicht übertrifft alle menschliche Möglichkeit. Im Raum der Möglichkeiten Gottes erscheint es dagegen fast schon kleinkariert zu behaupten, Gott bedürfe der Reue, um Schuld zu vergeben. Das ist es denn auch, was mit dem „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ am Kreuz eigentlich gemeint ist. Denn natürlich wussten die römischen Soldaten genau, was sie da taten. Nur wussten sie nichts von den Auswirkungen ihres Handelns im „göttlichen Bereich“. Doch dort, bei Gott, wird ihnen vergeben, trotzdem sie nichts von ihrer Schuld an der Gottheit ahnen.”

Für Dich gestorben (4. April 2016)
“Vielleicht ist das persönliche Zuherzennehmen ein Sediment fast verschwundener christlicher Vorstellungen von Stellvertretung und Opfer. Vielleicht drückt sich darin aber wieder neu ein Bedürfnis danach aus, nicht für sich allein zu leben und zu sterben, sondern seinem Leben gerade darin einen Sinn zu geben, dass es für andere wichtig ist. So sehr, dass auch das eigene Sterben nicht verloren geht, sondern bedacht und betrauert wird.”

Die Kanzelparagraphen der Union (2. Mai 2016)
“Dass die Forderungen aus der Union reiner Populismus sind — ein Hinterherhecheln durch die Schneise der diskursiven Verheerung, die die AfD diesem Land antut — wird umso auffälliger, wenn man einmal nach der praktischen Ausübung eines solchen neuen Kanzelparagraphen fragt: Will Kauder ernstlich Spitzel in die Gotteshäuser des Landes schicken?”

Zum Himmel, nochmal! (9. Mai 2016)
“Das ist mein Hauptproblem mit der himmelfahrtlichen Verkündigung: Ich bin eben kein Kind mehr, dem sich – nach Pöhlmann – die uralte Metaphorik unhinterfragt erschließt. Und ich will von der Kanzel herab – oder von mir aus auch vom Pult herüber – nicht als Kleinkind behandelt, nicht für dumm verkauft werden. Ich will, dass auch zu Himmelfahrt in die Tiefe gegangen wird und die Symbole unseres christlichen Glaubens als Symbole ernst genommen werden. Das verlangt ihre Auslegung.”

Pfingsten ist nicht der Geburtstag der Kirche (16. Mai 2016)
“Es bleibt daher etwas unsinnig, zu behaupten, zu Pfingsten würden wir den „Geburtstag der Kirche“ feiern. Ärgerlich ist es vor allem deshalb, weil damit leider überhaupt nicht die Ermächtigung der vormals Nicht-gemeinten und das freie Walten des Geistes gemeint ist. Vielmehr wird suggeriert, dass sich Nachfolge Christi in den bestehenden Formen und Hierarchien der Kirche abzuspielen hat, weil nur dort der Geist zu finden sei, der Jesus und seine Jüngerinnen verbunden hat.”

The Medium is the Message

This week, I came across this article by Erik Parker from his blog The Millennial Pastor: “Why nothing seems to get people back to church – The issue at the core of decline”. I’m a frequent reader of his blog, in fact, I translated one of his articles into German a few years ago for theologiestudierende.de.

At first I felt a bit angry about his thoughts, because I know congregations (or for that matter groups in general) that behave just like he describes in his article: “Most churches are, at their core, institutions formed around a social or societal commitment. The core of churches have been based on the fact that people are expected to attend because of societal pressures. And when society taught us through family, friends, neighbours, schools, workplaces, TV, movies, newspapers, courthouses, and governments that being church attenders was important, churches organized around social commitment worked well.”

Well, it doesn’t work anymore. Or does it? „The Medium is the Message“ weiterlesen

Auch das Christentum ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar

Am Wochenende entblödete sich Trixi von Storch von der AfD nicht, zu behaupten, der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Das gilt natürlich auch vom Christentum. Grundgesetzkonformität ist auch nicht der Maßstab, an dem wir Religionen messen sollten. Ich habe bei Storchs Äußerungen an ein Interview Navid Kermanis mit PublikForum (Ausgabe 24/2015) denken müssen, darin:

“Teile der Gesellschaft halten einen schon für bekloppt, wenn man die Ansicht vertritt, dass der Mensch nicht alles und der menschliche Verstand nicht das Maß aller Dinge ist. Und wer staatliche Vorschriften nicht für die einzige Gesetzesquelle hält, ist für sie ein Fall für den Verfassungsschutz. Wenn es aber keine Kommuniktation mehr gibt zwischen denen, die religiös verankert sind, und denen, die kein Gespür dafür haben, was Religiosität ausmacht, wird es zunehmende Missverständnisse geben, innerhalb der Gesellschaft, aber mehr noch in der Auseinandersetzung mit anderen Gesellschaften. Denn diese radikal säkularisierte Zone der Welt existiert nur in einem schmalen Streifen zwischen Skandinavien und Nordspanien.”

Das Bestürzende ist, dass Storch Christin ist. Sie tut aber so, als ob ihr nicht klar ist, was Religiosität ausmacht. Oder hat sie dafür kein Gespür? Nach allem was man weiß, ist Frau Storch sogar eine Christin, die besonders auf die Gesetzlichkeit ihres Glaubens Wert legt. Wenn sie also Grundgesetz und Religion gleichsetzt, dann nicht unabsichtlich, sondern bewusst, um gegen den Islam zu hetzen. Darin steckt eine gehörige Portion Doppelmoral, weil sie für sich selbst in Anspruch nimmt, was für viele Religiöse selbstverständlich ist: Eine höhere Bedeutung des “göttlichen Gesetzes” gegenüber menschlichen Gesetzgebungen. Oder nicht? „Auch das Christentum ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“ weiterlesen