Bekenner. Das sind Menschen, die sich ihres Glaubens nicht schämen. Die „Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5, 29b). Der 9. Oktober ist fast ein Tag des Bekenners. Martin Luther ließ seine Kutte für immer hinter sich, Gustav Heinemann trat im Protest gegen die Wiederbewaffnung von seinem Amt zurück, die Menschen in Leipzig trugen ihren Protest auf die Straße.
Luther
Am 9. Oktober 1524 gab Luther sein Leben als Mönch endgültig auf. Ein Jahr später sollte er Katharina von Bora heiraten. Seitdem ist die Ehe für Evangelen kein Sakrament mehr und das Zölibat steht im Ruf der Unsinnigkeit. Heute wird wohl kaum noch ein Evangele sich abschätzig über die Ordensbrüder und -Schwestern äußern, die ihr Leben in der Nachfolge Jesu eben so gestalten wollen, wie sie es tun. Und es gibt im Leben Luthers sicher andere Momente, in denen er mehr Mut aufbringen musste. Doch, der Austritt aus der Ordensgemeinschaft bedeutet auch das Verlassen einer gewohnten und abgesicherten Sozialform. Luther erkannte als Folge seines reformatorischen Denkens: es bedarf des Zölibats, der Kutte, der Abgeschiedenheit und Weltabgewandtheit nicht, um Gott auf Erden zu dienen. Das bleibt. Man muss vorsichtig sein damit, als Einziger den Schlüssel zum Evangelium besitzen zu wollen. Aber Luther stand zum Evangelium wie er es erkannte. „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“ (Röm 1,16)
Gustav Heinemann
Am 9. Oktober 1950 trat Gustav Heinemann von seinem Amt als Bundesinnenminister zurück, weil er den Kurs der Wiederbewaffnung der BRD nicht mittragen wollte, den die Regierung Adenauer vorantrieb. Er tat das, nach eigenem Zeugnis, als bekennender Christ, der nicht akzeptieren konnte, dass sein Heimatland nur fünf Jahre nachdem die von Deutschland ausgegangene Katastrophe des 2. Weltkriegs zu Ende gekommen war, wieder nach den Waffen griff. Politisch klug, historisch richtig? – das mögen andere beurteilen. Es bleibt aber, dass Heinemann ein Politiker war, der zu seinen Überzeugungen stand, auch wenn das Machtverlust bedeutete. Zwei Jahre später trat er aus der CDU aus und gründete die Gesamtdeutsche Volkspartei. Sie ging bald wieder ein, ihr linker Flügel aber trat der SPD bei. Dazu gehörten neben ihm auch Männer und Frauen wie Johannes Rau und Helene Wessel. Für die SPD wurde er später wieder Bundesminister und von 1969 bis 1974 war er einer der prägendsten Bundespräsidenten, die Deutschland je hatte. Bekennermut wird vor allem dort sichtbar, wo man entgegen der (vermeintlichen) Mehrheit argumentiert und operiert.
Leipzig
Am 9. Oktober 1989 findet in Leipzig die erste große Montagsdemonstration statt, mit 70 000 Teilnehmern. Aus den Kirchen, in denen das freie Wort nach so langer Zeit wieder geübt werden konnte, zogen die Menschen auf die Straßen. Die erwarteten Gegenmaßnahmen des Staatsapparates blieben aus. Die Reformbewegung wurde zu einer Massenbewegung, die zum Schluss auch ihre eigenen Kinder überrollte. Bekennermut, das hieß hier: sich nicht abschrecken zu lassen, sich zusammenzuschließen, sich ermächtigen. Ermächtigung, dazu kommt es, wenn Information und Mut sich küssen. Die Kirchen waren damals Orte der Information und der Ermutigung.
Bekenner …
… sind Menschen, die schonmal das Lied anstimmen, wenn andere schweigen. Die nicht abwarten wollen. Dazu dieses Lied von Konstantin Wecker: Ich singe, weil ich ein Lied hab.