Nachdem ich auf Youtube über ein paar Clips gestolpert war, habe ich mir The Newsroom von Aaron Sorkin vorgenommen. Sorkin ist einigen Fernsehenthusiasten als Schöpfer von The West Wing ein Begriff. Für diese Serie, die von 1999 bis 2006 auf NBC, einem der großen Fernsehnetzwerke in den USA, lief, war ich damals noch zu jung bzw. an us-amerikanischer Politik zu uninteressiert. Umso mehr hat mich der Aufriss von The Newsroom jetzt angefixt.
Schau an: Die Eröffnungszene (Youtube)
Mit dieser Szene steigen wir in das Geschehen ein. Und sie zeigt schon eine Menge von dem, was mir an The Newsroom außerordentlich gut gefällt. Schnelle, witzige (engl. witty „witzig, geistreich, originell, launig“) Dialoge, Fernsehen, das seine Zuschauer nicht für dumm verkaufen will, sondern herausfordert und handwerklich gut gemachte Unterhaltung.
Wir verfolgen das Schicksal von Will McAvoy (Jeff Daniels) und MacKenzie McHale (Emily Mortimer), die unter väterlicher Anleitung von Charlie Skinner (Sam Waterston) den Versuch unternehmen, Nachrichten zu machen, die allein der res publica verpflichtet sind. Ihr Ziel ist es, Anwalt der Bürger zu sein, hart nachzufragen, die Nachrichten nicht nur faktisch richtig zu übermitteln, sondern einzuordnen.
Dieses Projekt ist es, dass The Newsroom so aktuell macht, nicht nur im Hinblick auf die 24-Stunden Newscircle der US-Medien, auch gerade im Blick auf unseren eigenen Medienkonsum und die großen Diskussionen, die wir aktuell in Deutschland über guten Journalismus führen. Der Serie liegt damit eine zutiefst ethische Frage zu Grunde und man möchte meinen, das genüge, um wenig Spaß und kaum Vergnügen beim Zuschauen aufkommen zu lassen.
Dass dem mitnichten so ist, liegt an der grandiosen Schreibe von Aaron Sorkin, die jede Folge zu einer einstündigen Theateraufführung geraten lässt, und an dem Beziehungsgeflecht, das sich zwischen den einzelnen komplexen Protagonisten entwickelt. Eine Hand voll Liebesgeschichten sind natürlich auch darunter. Die Figurenzeichnung und hervorragende Darsteller bieten mannigfaltige Identifikationsangebote auf. Es sind starke Rollen(bilder), die gezeigt werden.
Das allein ließe sich gegen The Newsroom (und alle Sorkin-Produktionen) ins Feld führen: Es sind allesamt Heldengeschichten und (allzu) positive Darstellungen unserer Wirklichkeit. Gegenüber dem trüben Grau der Welt und zynischen Perspektiven (House of Cards) hebt sich die optimistische Weltsicht Sorkins dramatisch ab. The Newsroom ist ein modernes Märchen über eine Gruppe Menschen, die unter zum Teil widrigen Umständen den Versuch unternehmen, moralisch richtig zu handeln. Die dabei entstehenden Widersprüche werden insbesondere im Haupthandlungsstrang der zweiten Staffel aufgenommen.
In diesem geht es um die Enthüllung eines fiktiven, möglichen Kriegsverbrechens der USA. Ansonsten greift Sorkin auf realgeschichtliche und tagespolitische Ereignisse zurück. Spielte The West Wing insbesondere den US-Amerikanern noch eine Alternative zu ihrer damaligen realexistierenden Regierung vor, spielt The Newsroom durch die Beschäftigung mit kurz zurückliegenden Ereignissen auch mit unserer eigenen Wahrnehmung des Nachrichtengeschehens. Was erinnert man nach ein paar Wochen oder Monaten noch vom Geschehenen und Gesehenen? In welchen Kontext ist es inzwischen eingerückt?
Weil Sorkin The Newsroom für den Kabelsender HBO produzierte, darf natürlich auch herzhaft geflucht und geschimpft werden. Schon allein wegen einiger dieser im rasenden Tempo vorgetragenen Streitgespräche ist die Serie sehenswert und nebenbei kann man einige Sorkin-typische Stilmittel wiederentdecken, wie z.B. den legendären Walk and Talk.
Insgesamt hat es The Newsroom auf 25 Folgen gebracht. Damit war für Sorkin das Projekt beendet, die Geschichte, die zu erzählen er sich vorgenommen hatte, zu Ende gebracht. Ein solches Ende, dass den Zuschauer zugleich befriedigt und nach mehr wünschend zurücklässt, hätte man The West Wing nur wünschen können. Für diejenigen, die sich ein wenig Zeit und Aufmerksamkeit für ein Stück gutes Fernsehen nehmen wollen, ist The Newsroom eine sehr gute Wahl.