Ich hab keine Angst

Gestern auf dem Weg nach Hause von der Christvesper spazierte ein kleines Mädchen vor mir. Ihr Bruder versteckte sich vor ihr hinter der nächsten Hecke und sprang, als sie sich näherte, hervor. Ein bisschen erschrak sie schon, doch dann setzte sie in einen kleinen Singsang ein “Ich hab keine Angst, nein, ich hab keine Angst.”

Maria Aljochina, die für das Punk-Gebet gegen Putin, das sie und ihre Mitstreiterinnen von Pussy-Riot durchführten, im Gefängnis landete, gab nach ihrer Freilassung kurz vor Weihnachten zu Protokoll: “Ich habe keine Angst vor gar nichts mehr.” Sie wird sich manche Nacht gefürchtet haben, die sie in den russischen Straflagern zubrachte. Doch mit ihrer Angst wuchs auch ihr Zorn. Aus diesem Zorn speist sich Mut. Mut ist geläuterte Angst.

“Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich.” Mit dem 23. Psalm sind Generationen von Christen gestorben. “Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.” Es mangelt selten an Gelegenheiten, die Gnade Gottes herauszufordern. Das finstere Tal muss nicht  lebensbedrohliche Krankheit sein, sondern kommt in allen Formen und Größen.

Der Glaube ist keine Versicherung gegen die Angst, als wenn der, der glaubt sich nicht fürchten und ängstigen würde. Auch unter Christen ist viel Heulen und Zähneklappern, fährt die Angst in die Glieder. Dann aber kommt es darauf an, was wir mit unserer Angst anstellen.

Zu Weihnachten erinnern wir uns an den Ruf der Engel “Fürchtet Euch nicht!”. Nach dem Erschrecken werden wir angesprochen. Im Tal kommt jemand uns entgegen, im Unglück teilt sich uns etwas mit. Der trotzige Wille zum Weitergehen, so mag man es nennen, woher speist er sich?

Zu Weihnachten enden die Reisen in den Kirchen immer an der Krippe, mag es sich um den Aufbruch der Weisen, die Eile der Hirten oder den Spaziergang der Gottesdienstbesucher handeln. Die Krippe symbolisiert das Mehr des christlichen Glaubens, das wir zu Weihnachten verkünden. Aber die Krippe – der Ort an dem Gott ins Fleisch kommt – ist nicht in unserem Besitz, nur die Nachbauten, die den Rest des Jahres auf dem Kirchenboden versteckt werden.

Die Krippe steht allda, wo sich zur Angst auch Zorn und Mut gesellen, wo getrost eingeschlafen werden kann im Angesicht der Furcht, wo ein kleiner weihnachtlicher Singsang gegen die Angst angestimmt wird. “Ich fürchte mich nicht, nein, ich fürchte mich nicht.”

Frohe Weihnachten!

Singen im Angesicht des Todes

Ich habe keinen Artikel, nur ein paar Gedanken.

Wenn wir bei den FSJ-Seminaren über Tod und Sterben sprechen, dann immer auch über Trauerfeiern und wie diese gestaltet werden. Auf die Frage “Was findet während einer Trauerfeier alles statt?” ist die erste Antwort, dass eine Rede gehalten wird. Die Zweite, dass Musik gespielt oder gesungen wird. Während das Redehalten in den meisten Fällen in den Händen – hoffentlich professioneller – Dritter liegt, geht die Musik alle Teilnehmer der Feier an. Oft so sehr, dass die Lieder im Gedächtnis bleiben, wenn alles Gesprochene längst vergessen wurde.

Wenn wir am Totensonntag oder zu Karfreitag in der Kirche sitzen und “Ermuntert euch, ihr Frommen” oder “O Haupt voll Blut und Wunden” singen, geht das uns alle an? Wird auch hier verhandelt, was uns alle betrifft? Können wir singen, was nicht zu sagen, nicht zu glauben ist? „Singen im Angesicht des Todes“ weiterlesen

Ein Dispütchen – Rezension “Was kann man heute noch glauben?” von Nikolaus Schneider und Martin Urban

Gelegentlich bin ich ein kleiner Pfennigfuchser. Auch das Gütersloher Verlagshaus bietet ein Testleserprogramm an. Im Tausch für ein Gratisexemplar schreibt man eine kleine Rezension für die Verlagshomepage. Das habe ich für das kleine Büchlein “Was kann man heute noch glauben? – Ein Disput” von Nikolaus Schneider und Martin Urban gemacht. Hier die ausführliche Rezension.

nikobuch „Ein Dispütchen – Rezension “Was kann man heute noch glauben?” von Nikolaus Schneider und Martin Urban“ weiterlesen