Sternsinger im Bildungsministerium unerwünscht – na und?

Passend zum Untergang des Abendlandes wird dieser Tage in Deutschland über die Sternsinger diskutiert. Zur Erinnerung: Kinder ziehen singend von Haus zu Haus und malen an die Türen den Segen des Herrn. (Mehr dazu.) Nun hat es dem Personalrat des Bildungsministeriums in Brandenburg gefallen, den Minister darum zu bitten, dass die Sternsinger dieses Jahr nicht ins Haus kommen. Minister Günter Baaske (SPD) bestellte die Sternsinger also ab.

Das muss man nicht schön finden. Ich für meinen Teil habe, dort wo ich es konnte, die Sternsinger immer gerne eingeladen. Es ist eine schöne Aktion, man tut etwas Gutes fast nebenbei und den Rest des Jahres kann man sich beim Kramen nach dem Schlüsselbund an den Segen des Herrn erinnern lassen. Aber ich habe auch Verständnis dafür, wenn man sich entscheidet, die Sternsinger lieber nicht einzuladen.

Bei der Belegschaft des Bildungsministeriums in Brandenburg handelt es sich, wenn es sich dabei um durchschnittliche Brandenburger handeln sollte, um Mitbürger, die in ihrer übergroßen Mehrheit keiner Religionsgemeinschaft, auch keiner christlichen, erst recht nicht der römisch-katholischen Kirche angehören. Und offenbar fühlten sich einige Mitarbeiter, vielleicht ja sogar eine qualifizierte Mehrheit oder eine schützenswerte Minderheit, im letzten Jahr beim Besuch der Sternsinger unwohl, weil sie sich religiös vereinnahmt gefühlt haben. Vielleicht nahmen sie den Veranstaltungsteil nicht als freiwillig wahr, sondern fühlten sich irgendwie gezwungen, dabei zu sein. Wer weiß? Ich nicht.

Mitarbeiter des Ministeriums baten also den Personalrat, „ihr Unverständnis für die Präsentation dieser religiös geprägten Teile im Zusammenhang mit einer dienstlichen Veranstaltung zum Ausdruck zu bringen“. Das tat der Personalrat auch (was sonst?) und die Ministeriumsleitung kam diesem Wunsch nach.

Nun sei an dieser Stelle daran erinnert, dass es sich bei der Sternsingeraktion um die weltweit größte Hilfsaktion von Kindern für Kinder handelt, aber auch daran, dass es keinesfalls hungernde, obdachlose Kinder sind, denen hier der Zutritt verwehrt wird. Das sind die Kinder, für die gesammelt wird. Dieses Jahr besonders für Kinder von den Philippinen. Und ganz sicher ist es nicht die Absicht der Sternsinger, irgendjemanden in seinen (nicht-)religiösen Gefühlen zu verletzen, weshalb sie ja auch auf Einladung in die Häuser kommen und ihren Segen an die Türen malen.

Ich finde das alles mehr als normal. Eine staatliche, weltanschaulich neutrale Behörde lädt dieses Jahr keine christlichen Kinder ein, die Spenden sammeln. Das ist ok. Und zumal verständlich, wenn es sich in einem durch und durch säkularisiertem Bundesland ereignet wie Brandenburg. Vielleicht spenden die Mitarbeiter ja woanders hin und selbst wenn nicht, was geht mich deren Spendenverhalten an? Macht sie das zu schlechteren Menschen, Christen, Deutschen? Unverständlich also, warum sich in den Kommentaren unter dem auch diesem Blogbeitrag zu Grunde liegenden Artikel der Berliner Zeitung ein Scheißkommentar nach dem nächsten findet. Eine kleine Auswahl:

„Armes Deutschland.“

„Christlich motivierte Hilfe für unterernährte Kinder ist also religiöse Vereinnahmung. Wie hieße es, wenn die Sternsinger Muslime wären und für die Kinder in Syrien sammeln wollten?“

„Bildungsministerium? Haben die Mitarbeiter im Bildungsministeium Angst vor einer angeblichen religiösen Vereinnahmung? Ist ihre Angst eventuell schon eine krankhafte Religionsphobie? Welche Bildung wollen sie vermitteln, wenn sie unsere eigenen Traditionen ablehnen? Armutszeugnis, 6 setzen!“

„Ich dachte, es gibt keine Islamisierung? Vielleicht sollten diese Sternsinger fuer den Widerstand gegen die Islamisierung sammeln. Ich wuerde denen glatt einen Monatslohn spenden“

„Das ist falsch. Da können wir doch gleich Deutschland auflösen. Aber das hat man davon wenn man sich die Kommunisten ins Boot holt.“

„Das ist nicht nur beunruhigend sondern wird gesteuert, das Deutsche bald in der Minderheit sind und die Politniks machen fleißig mit. Was meint ihr warum es Pegida gibt und warum die Politiker dagegen Sturm laufen. Was wir hier noch vor uns haben hat Schweden schon hinter sich, Islamisierung gesteuert durch Leute, die Europa zu einen Einheitsbrei vereinen wollen, ohne Rechte und Demokratie der einzelnen Nationen. Hoffentlich werden die letzten Bürger auch noch wach, sonst sind wir ein Kontinent der Moscheen, was ich meinen Kindern ersparen will. Ein Leben mit einer Steinzeitreligion und angeschafften christlichen Werten“

„In 5 Jahren singen dann dort andere Kinder zu anderen Festen. Gaucks Satz, Unser Grundgesetz gilt solange bis andere es mit Stimmenmehrheit ändern, ist sehr beunruhigend!“

So, genug davon. Ich weiß, ich bin ja selbst schuld, dass ich die lese.

Mir ist bei so manchem Satz ja zum Schmunzeln zu Mute: Schweden ein islamisches Land? Was ist eine Steinzeitreligion (das Christentum ist ja älter als der Islam) und was sind „angeschaffte“ christliche Werte (saugen wir die schon mit der Muttermilch auf oder sind die im Genom eines anständigen Deutschen angelegt)? Die Kommunisten lenkten in Brandenburg ja wirklich 40 Jahre lang das Boot, da sind die linken Sozialdemokraten von DER LINKEN sicher eine rießige Bedrohung. Unsere – ostdeutschen?, brandenburgischen?, deutschen?, atheistischen?, christlichen? – Traditionen sind bedroht? Armutszeugnis, hier so, 6 und setzen und so weiter.

Dumm, dumm, dumm und noch mal: Sternsinger sind christlich. Das Ding heißt nicht umsonst „Die Sternsinger – Kinder-Missionswerk“. Sternsingen ist keine teutsche Tradition! Man(n) kann nicht für die Trennung von Kirche und Staat sein, etwas gegen die Einziehung der Kirchensteuer, den Papst, die evangelischen Pfaffen, das ganze Christengedöns haben und sich dann aber über so einen Schnulli ereifern. Wer wie diese „Kommentatoren“ hetzt, betreibt Blasphemie auf Kosten der Sternsinger. Sternsingende Kinder verteidigen nicht das Abendland. Die Kinder singen für das Morgenland, in allen Bedeutungsebenen. Wer von den Eiferern und Abendlandverteidigern hatte in den letzten Jahren Sternsinger zu Gast? Top, die Wette gilt!

Übrigens läuft bei den Sternsingern auch immer ein Schwarzer mit. Aber das ist ja unser traditioneller Schwarzer, mit Schuhcreme im Gesicht.

PS: Wer etwas für das Morgenland, in allen Bedeutungsebenen, tun will, findet die Daten des Spendenkontos der Sternsinger hier, gleich rrrrrechts. Und wer noch ein bisschen mehr über unwillkommene Sternsinger nachdenken will, sollte diesen Text von Josef Bordat lesen: „Segen als Sachbeschädigung“. Er ärgert sich über Leute, die Sternsinger nicht wünschen. Auch das ist legitim. Vor allem aber ist sein Fazit (die letzten beiden Absätze seines Textes) lesenswert!

Update 8. Januar 2015: Die Sternsinger werden zu Besuch im Bildungsministerium sein. Allerdings nicht wie letztes Jahr zum Empfang des Ministers. Weil die Teilnahme daran obligatorisch ist, entzündete sich die Kritik (s.o.). Alles ok also, so oder so.


Kommentare

Eine Antwort zu „Sternsinger im Bildungsministerium unerwünscht – na und?“

  1. Über was da wieder öffentlich diskutiert werden muss. Sollen die Sternsinger doch einfach kommen, wer will kann sie Empfangen, wer sie nicht möchte, soll doch einfach fern bleiben oder sie freundlich abweisen.