Sich raushalten

Es gibt Nachrichten, zu denen nichts zu sagen ist. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass man von ihnen zuerst und viel schneller als “früher” in den Sozialen Netzwerken hört. Ja, es ist richtig, dass Nachrichtenunternehmen und Journalisten schnell versuchen, nötige Informationen zu verbreiten und aufzuklären. Unsere Gesellschaft braucht diese Mediendienstleistungen. Aber es ist geschmacklos, das Leid von Menschen unnötigerweise zu zeigen.

Auch Trauer und Verzweiflung genießen Privatssphäre, diese sollte nicht auf dem Markt der Klicks und Zugriffszahlen geopfert werden. Solche Medien will ich nicht konsumieren und unterstützen. D. h. auch, dass es nicht förderlich ist, die verständliche Empörung über Medienfehlverhalten mit einem Beweislink zu beklagen. Boulevardmedien leben von Aufmerksamkeit, egal wie sie zu ihr kommen.

In unübersichtlichen Situationen – wie der Absturz der Germanwingsmaschine heute ja nur eine von vielen ist – möchte ich mich lieber zurückziehen und abwarten, mich selbst in Ruhe informieren und mir ein Urteil bilden. Jedenfalls gut überlegen, ob und was ich zu einem bestimmten Ereignis zu sagen habe – und sei es auch nur ein Tweet oder ein Blogbeitrag.

Ich verstehe das Bedürfnis vieler Menschen, ihrem Entsetzen und ihrem Mitleid öffentlich Ausdruck zu verleihen. Ich teile es nicht. Das meine ich im doppelten Wortsinn. Ist ein Retweet, ein Share, gar ein Like die angemessene Reaktion auf ein Unglück?

Weil ich daran zumindest erhebliche Zweifel habe, enthalte ich mich solcher Aktionen. Das hat dann zur Folge, dass ich mich aus den Sozialen Medien eher raushalte. Das ist eine vielleicht unbequeme Pause, ich finde sie ganz lehrreich.


PS: Mir ist durchaus bewusst, dass ich mit diesem Blogpost, wenn auch mit Verzögerung, am Social-Media-Geschehen teilnehme und damit einen Teil meiner Argumentation ad absurdum führe. Ich bin in meinen Überlegungen zu dem Ergebnis gekommen, dass meine Äußerungen weder die Opfer noch ihre Angehörigen und weitere Betroffene verhöhnen und zu ihrem Leid beitragen. Auf mehr als auf dieses eigene Nachdenken kann ich mich nicht verlassen.

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