An einem tagesaktuellen Beispiel lässt sich die schwierige Trennung von PR und Journalismus im Raum der Kirche studieren: Während des Kirchentages sorgte ein Tweet der Kirchentagsredaktion, die sich aus erfahrenen Journalisten und Journalismusstudierenden zusammensetzt, für Aufregung. Viele Leser des Tweets hatten den Eindruck, der Kirchentag validiere durch den Tweet eine nicht durch Fakten unterlegte, falsche Behauptung einer AfD-Vertreterin, die auf einem Podium eingeladen war.
Dabei hat sich die Kirchentagsredaktion keines handwerklichen Fehlers schuldig gemacht. Sie hat die Äußerung ordentlich als Zitat gekennzeichnet. Die Verwirrung entstand vor allem deshalb, weil der sendende Account nicht als journalistisches Medium, sondern als Twitter-Stimme des Kirchentags wahrgenommen wurde. Und für Kirchentags-PR wird er in der Tat auch vor allem genutzt.
Es gibt also eine Senderverwirrung nach beiden Seiten:
(1) Die Journalisten, die den Account befüllten, waren der Überzeugung, journalistisch tätig zu sein und legten dementsprechend journalistische Maßstäbe an, nach denen auch Überzeugungen wahrheitsgetreu wiedergegeben gehören, die nicht mit der politischen Meinung des Mediums übereinstimmen.
Wie Hanno Terbuyken, Portalleiter von evangelisch.de (einem Medium, das ebenso wie der Kirchentags-Twitteraccount im Spannungsfeld von Eigen-PR der Kirchen und Kirchenjournalismus agiert), in seinem Beitrag richtig fragt: Wer hätte sich beklagt, wären die unliebsamen Äußerungen der AfD-Vertreterin „verschwiegen“ worden?
(2) Weil der Account hauptsächlich für Eigen-PR des Kirchentags genutzt wird, hielten die Leser_innen den Tweet für eine Unterstützung der AfD-Polemik. Für sie war nicht ersichtlich, dass es sich beim Senderaccount um ein journalistisches Angebot handeln soll. Wie auch?
Die Vermischung zwischen Eigen-PR und journalistischer Berichterstattung ist im Raum der Kirche systemisch.