Fundi-Alarm bei Maischberger & Co.

Ich gebe es gleich zu Beginn zu, dieser Artikel ist in (wenigen) Teilen ein Aufguss meines Artikels aus dem letzten Jahr Fundi-Alarm bei Jauch & Co. Aber die gestrige Sendung Menschen bei Maischberger hat noch einmal deutlich gemacht, dass sich nichts geändert hat. Vor allem nicht die Vorliebe der Redaktionen auf Fundamentalisten und Exremgestalten als Gäste zu setzen.

Was ist eigentlich los?
In den letzten Tagen entspannte sich rund herum um die gestrige Sendung Maischberger ein Riesentamtam. Worum es geht, haben andere schon besser aufgeschrieben: Karnele, Stefan Niggemeier und Christiane Meister auf evangelisch.de. Im Kern geht es darum, dass viele Menschen kritisieren, dass Homophobikern ein Forum geboten wird, noch dazu im gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen und darum, dass die Redaktion von Frau Maischberger offenbar die Kritik gar nicht verstanden hat.

Was eigentlich los ist
Bedauerlicher Weise bedienen auch alle zu Recht entsetzten Bürgerinnen und Bürger – darunter diejenigen, die im Netz unterwegs sind – gerade die Erwartungshaltung der Redaktionen und Programmplaner. Diese Maischberger-Sendung wird wohl eine mehr als ansehnliche Quote eingefahren haben, weil auch die einschalteten, die sonst am Dienstagabend und an jedem Abend geneigt sind, sich dem Fernsehen als Ganzem und dem öffentlich-rechtlichen Getalke im Besonderen zu entziehen. Warum? Ein bisschen auch, um vorgeführt zu bekommen, was zu befürchten war, um der eigenen Erregungsmaschine einzuheizen. Ich befürchte, genau das haben Redaktion und Programmplaner beabsichtigt.

Wie Malte Welding gut beschreibt, handeln viele Redaktionen schlicht nach der Überzeugung, dass jeder Standpunkt schon ok ist und eingenommen werden kann, und dass es daher am Besten sei, ein Thema durchzunehmen, indem man nur recht kontroverse und sich diametral widersprechende Gästemeinungen einlädt. Der Zuschauer, so das Kalkül, wird die Mitte der Vernunft schon selbst finden. Dabei wird von den Redaktionen offensichtlich bejaht, dass die Wahrheit immer in der Mitte zu liegen hat.

Wie Stefan Niggemeier schreibt: “Und so bleibt von dieser ARD-Talkshow dank Sandra Maischberger die Botschaft, dass wir es nicht übertreiben sollten: Nicht mit der Akzeptanz von Schwulen und Lesben und nicht mit ihrer Ablehnung.” Wer das noch versteht, ist mir weit voraus. Wer das überraschend findet, ist naiv. Genau solche “Botschaften” produzieren Jauch, Maischberger und Co. nämlich im Wochentakt und mit voller Absicht. Sie bedienen damit auch den ur-deutschen Instinkt, dass mit ein wenig Mäßigung und Aussitzen jeder Konflikt über kurz oder lang verschwindet. Und schließlich haben wir ja mal drüber geredet.

So kommen zwangsläufig Extrempositioneure zu Wort, denen man im “realen” Leben kaum Aufmerksamkeit schenkt. Oder wer hat in letzter Zeit eine Predigt von Kardinal Meisner gelesen, ein Buch von Arnulf Baring durchgebissen, Nina Hagen und Michael Schmidt-Salomon ernst genommen? Wer sind Broder und Matussek, dass sie in zahlreichen Sendungen mit einem Themenpotpourri von Islamkritik bis Sterbehilfe als “Experten” auftreten? Fragen sich die Herren ab und zu, wer an ihrer statt etwas Substantielles hätte beitragen können?  Und, warum können nicht anerkannte Experten und ausgewogen überlegende Zeitgenossen auch bei LGBT-Themen zu Wort kommen?

Was zu tun ist
Man sollte diesen Schrott absetzen.

Da dies in nächster Zukunft leider nicht zu erwarten ist, muss man als verantwortlicher Bürger den Weg andersherum gehen: Nicht mehr einschalten. Das gilt auch für die kalkulierten Versuche einer Redaktion, Shitstörme (sic!) zu entfesseln.

PS: Ich habe keine Ahnung, was sich Hartmut Steeb, der Vorsitzende der Allianz der außergewöhnlichen Homophobiker, bei seinem Auftritt gedacht hat. Ich meine nicht nur den Unfug und menschenfeindliche Dünnpfiff, den er Debattenbeitrag schimpft. Sondern vor allem die Frage: Was hat es seinen Leuten genutzt, dass er da war? So stehen die Evangelikalen in Deutschland wieder in der Schmuddelecke. Wollt ihr da stehen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert