Rezension – “Rechtsextremismus als Herausforderung für die Theologie” von Sonja Angelika Strube (Hg.)

Im Advent besorgen wir Geschenke. Sie sollen gefallen, nützen, überraschen. Am besten alles zusammen. Der unter Leitung von Sonja Angelika Strube entstandene Band “Rechtsextremismus als Herausforderung für die Theologie” leistet das.

Rechtsextremismus, ein theologisches Problem?

In diesem Jahr sind rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien und Bewegungen wie die AfD und Pegida in das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit gerückt. Für viele Christen ist es überraschend, wie viele Glaubensgeschwister trotz oder gerade wegen der klaren amtskirchlichen Haltung gegenüber dieser neuen “rechtsextrem inspirierten Massenbewegung”[1], bei rechten Demos mit dabei sind oder das dort gepflegte Gedankengut in Gesprächen auch im Gemeindekontext vertreten.

Der aufflammende Rechtspopulismus und die fröhliche Urstände feiernden rechtsextremen Einstellungen sind ein Problem für Christen und Kirchenleute. Erstens, weil es “unsere eigenen Leute” sind, die da mitmachen. Die meinen, mit ihrem Auftreten das christliche Abendland zu verteidigen. Die augenscheinlich ihre christlichen Überzeugungen in Einklang bringen können mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und nationalistischem Denken.

Zweitens, weil das Problem des Rechtsextremismus außer von einer Minderheit stark engagierter Christen und Kirchenleute in den Kirchenräumen bisher häufig ignoriert wurde – einfach weil man wohl glaubte, das ginge wohl nur die Anderen, die Betroffenen an. „Rezension – “Rechtsextremismus als Herausforderung für die Theologie” von Sonja Angelika Strube (Hg.)“ weiterlesen

Weihnachtschristen

Als Weihnachtschristen werden von traditionellen Kirchenchristen vor allem jene bezeichnet, die nur einmal im Jahr zum Heiligen Abend in die Kirche kommen. Natürlich nur im Spaß, nicht wahr? Und aus der Perspektive derjenigen, die sich aufreiben, um in den Kirchen des Landes gerade zur Advents- und Weihnachtszeit gutes Programm zu machen, kann ich die darin verborgene Kritik sogar gut nachvollziehen. Was habe auch ich mich schon gefragt, ob der besondere Gottesdienst, das gelungene Krippenspiel, die gute Predigt nicht vielleicht auch dazu führen könnte, das ein oder andere Gesicht häufiger und früher wieder zu sehen, als zum nächsten Heiligabend?

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Es ist gewisslich an der Zeit … – Findet die Evangelische Allianz einen neuen Umgang mit der Homosexualität?

Michael Diener, u.a. Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Mitglied des Rats der EKD und – wichtig! – Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, dem Dachverband der Evangelikalen in Deutschland, hat mit der Tageszeitung DIE WELT gesprochen. Und das, was er gesagt hat, sollte Wellen im evangelikalen Lager schlagen.

“Für den Umgang mit Schwulen und Lesben fordert Diener etwas, was Christen oft machen müssen: Spannungen aushalten. Also sagt er im Gespräch mit der “Welt” erstens: “Ich vermag aus der Heiligen Schrift nicht herauszulesen, dass es einen Auftrag an die Kirche zur Segnung homosexueller Beziehungen und deren Gleichstellung mit der Ehe von Mann und Frau gäbe.” Das ist eindeutig: Für die in fast allen evangelischen Landeskirchen praktizierten Segnungs- oder Trauungsgottesdienste bei Homosexuellen sieht er keinen Anhaltspunkt in der Bibel. Da sei er “klassisch konservativ”.

Zweitens aber sagt er: “Als Pfarrer habe ich gelernt, anzuerkennen, dass Menschen bei dieser Frage die Bibel anders lesen. Diese Brüder und Schwestern sind mir genauso wichtig wie diejenigen, die meine Meinung teilen.” Und das gelte auch “für Pfarrerinnen und Pfarrer, die ihre Homosexualität geistlich für sich geklärt haben und sich von Gott nicht zur Aufgabe dieser Prägung aufgefordert sehen”.

Damit entzieht sich Diener dem evangelikalen Kampf gegen Homo-Ehen in Pfarrhäusern. “Da bin ich aus tiefster Überzeugung plural”, fügt er hinzu und merkt an, wie manche Fromme das finden: “Das macht meiner Bewegung Probleme.”” – aus “Chef der Evangelikalen will Homo-Verdammung stoppen” von Matthias Kamann, DIE WELT

Dieners Interview fällt in eine spannende Zeit. „Es ist gewisslich an der Zeit … – Findet die Evangelische Allianz einen neuen Umgang mit der Homosexualität?“ weiterlesen

Liebe Frau S.,

Lieber Herr Greifenstein,
bevor Sie den Bischof Rentzing ins Lächerliche ziehen, lesen Sie doch bitte erst einmal die Bibel. Man merkt deutlich, dass Sie selbst noch nicht einmal klar begriffen haben, was Gott will, sonst würden Sie sich nicht so äußern.

Teilweise wollen Sie alles tolerieren und bilden sich ein damit Gottes Willen zu erfüllen…und teilweise kritisieren Sie einen gottesfürchtigen Menschen, der klar Gottes Botschaft verkündet. Herr Rentzing liebt auch die Homosexuellen….als Menschen….nicht auf ihre Sexualität beschränkt, aber ich denke das genügt….denn so dumm können Sie ja nun wirklich nicht sein.

Also: bitte: lesen Sie die Bibel und beten Sie….bevor Sie ihre undurchdachte Meinung in die Welt raus schreien.
Viel Erfolg wünscht Barbara S.

Liebe Frau S.,
ich möchte Ihnen gerne auf Ihren Kommentar antworten, weil Sie hier Punkte vortragen, die ich so oder so ähnlich immer wieder höre. Deshalb:

1) Sie werfen mir vor, dass ich mich nur deshalb so äußere, weil ich nicht begriffen habe, was Gott will. Das stimmt, das habe ich nicht. Ich glaube auch, dass wir Menschen nie wirklich wissen können, was Gott wirklich will. Höchstens nähern wir uns dem Willen des Höchsten näherungsweise. Als unverschämt mir gegenüber (und anderen Christen auch) empfinde ich Christen, die im Brustton ihrer Überzeugung so tun, als ob sie den reinen Willen Gottes verkünden – da wäre mehr Demut angebracht. Wir alle stehen in der Gefahr, Gott als Garanten unserer je eigenen Überzeugungen ins Feld zu führen. Damit machen wir ihn nutzbar, zum Werkzeug unserer eigenen Interessen, und darum kleiner, als er eigentlich ist. (Mehr dazu habe ich hier geschrieben.)

2) Dass Bischof Rentzing sicher auch die Schwulen liebt, habe ich nicht bestritten. Er lehnt aber Homosexualität als unbiblisch – in seiner Logik daher auch als unchristlich – ab und spricht sich vehement gegen einen gleichberechtigten Zugang zum Amt und eine Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in seiner Landeskirche aus. Hier blitzt das lutherische (neu-testamentliche) Un-Verständnis von “Hasse die Sünde, liebe den Sünder” wieder einmal auf. Nicht nur, dass ich Homosexualität für keine Sünde halte, die man verstecken oder verleugnen oder gar vor der Gemeinde zwecks Heilung bekennen müsste. Ich glaube auch, dass diese Unterscheidung von “Tat” und “Person” theologisch nicht haltbar ist. Sexualität ist ein wunderbarer Teil unseres Lebens und nicht einfach vom Rest unserer Person zu trennen.

Dazu kommt: Homosexualität ist – wie so vieles auch, was in den letzten Jahrhunderten als Sünde angesehen wurde – keine Entscheidung, sondern eine natürliche Veranlagung. Homosexualität ist somit Teil der Schöpfung Gottes, von der die Genesis sagt, dass sie “gut” sei. Weil es sich bei der Homosexualität nicht um eine Entscheidung handelt, fällt sie gar nicht in den Bereich der Verfehlungen, die das Neue Testament im Blick hatte, wenn es – z.B. im Gleichnis vom verlorenen Sohn – von der Annahme des Abgeirrten spricht. Das “Lieben des Sünders” hat aus der Perspektive der vergebenden Christen außerdem einen höchst arroganten Unterton (wie in diesem kurzen Buchausschnitt beschrieben): Es ist eben Gott der vergibt, die Gemeinde muss sich nicht zum Richter aufschwingen: Ob Du wirklich richtig stehst, siehst Du, wenn das Licht angeht!

3) Ich sollte häufiger die Bibel lesen und auch beten. Nicht nur als Student, sondern für das eigene Herz. Das stimmt wohl. Warum auch nicht? Ich will mich vor allem darin üben, in der Bibel nicht nur Bestätigungen meiner eigenen Meinung und Frömmigkeit zu suchen und zu finden. Heilig halten wir die Bibel dann, wenn wir uns von ihr herausfordern lassen, nicht wenn wir sie als Siegel unserer eigenen Meinung vor uns her tragen.

Gelegentlich schreie ich vor Zorn und Enttäuschung also in die Welt hinaus. Das ist schon ok. Ich möchte aber, diese Antwort sei nur ein kleines Beispiel davon, immer wieder in das Gespräch mit Andersdenkenden kommen – das verlangt von mir viel Geduld und Ausdauer. Alles hat seine Zeit, nicht wahr?