Für die Recherche eines neuen Unter-Heiden-Textes, der die Tage auf theologiestudierende.de erscheinen soll, habe ich wieder einmal auf die Website des Evangelisations-Teams geschaut. Im Nachgang eines Textes von Liane Bednarz in der F.A.S. werde ich mich mit den Verbindungen zwischen evangelikalen Kreisen und der Neuen Rechten und insbesondere Pegida auseinandersetzen. Auf der Website begegnete mir u.a. ein Text von Lutz Scheufler.
Autor und Medium
Scheufler ist Evangelist, jahrzehntelang auch im Dienst der Ev.-luth. Landeskirche Sachsens unterwegs. Seit der lang überfälligen und geräuschvollen Trennung im Rahmen des Aufstandes der Bekenntnisbewegung gegen das neue Pfarrerdienstgesetz kann er sich aber ganz dem eigenen Geschäft widmen.
Dafür hat er vor Jahren die Evangelikale Stiftung gegründet, bei der es sich entgegen der Namensgebung allerdings um eine Gmbh handelt. Diese unterhält ein Evangelisationsteam bestehend aus Theo Lehmann, Scheufler und weiteren Gefährten, die zumindest früher zumeist auch einmal ihr Gehalt von der Landeskirche bezogen.
Damit das mit den Spenden besser funktioniert, gibt es seit 2014 auch einen eingetragenen Verein. So weit, so gut für die Herren, die sich ihrer Landeskirche so weit entfremdet haben, dass selbst diese für ihre Beharrlichkeit bekannte Landeskirche irgendwann den Geldhahn zudrehte.
Doch weiterhin arbeiten zahlreiche Gemeinden der Landeskirche mit Scheuflers Evangelisationsteam zusammen und so bleibt zusammen, was zusammen gehört. Was der Herr im Erzgebirge zusammengefügt hat, das kann auch kein Synodenbeschluss trennen. Man darf die Scheuflerische Hetze gegenüber der Landeskirche nicht missverstehen, wenn es um die eigene Wirksamkeit geht, wird nach wie vor zusammengearbeitet.
Gleiches lässt sich von dem Medium sagen, dessen sich Scheufler für seine jetzt gleich im Zentrum stehenden Äußerungen bediente. Die Nachrichtagentur idea, die die Zeitschrift idea-Spektrum herausgibt, wird aus EKD-Mitteln jährlich mit einem sechsstelligen Betrag unterstützt. Das hält die Redaktion gleichwohl von keiner Schmähkritik gegenüber der EKD und den evangelischen Landeskirchen ab.
Und nur damit wir uns richtig verstehen: Ich finde es gut, wenn Medien ihren Geldgebern nicht nach dem Munde reden. Aber wenn doch die EKD so ein ausgemachter Hort des Unglaubens ist, dann könnte man doch auf die Zuwendungen sicher auch verzichten, oder?
Exegese – „Christen, Kopf hoch!“
Ich beziehe mich im folgenden auf den Artikel mit dem Titel „Christen, Kopf hoch!“ von Scheufler, der am 11. November 2015 in idea-Spektrum veröffentlicht wurde. Das Evangelisations-Team hat ihn freundlicherweise online gestellt.
Sie [Christenmenschen] dürfen nicht verschweigen, dass die Jesus-Nachfolge auch beschwerlich ist. Am Wegrand stehen zum Beispiel Ziegen, die nur meckern, aber selber keine Milch geben. Bei einigen ist am Hals sogar der Abdruck von Beffchen zu sehen. Sie lesen lieber Milieustudien anstatt die Bibel zu studieren und motzen: „So geht es nicht!“
Die EKD und die Landeskirchen (die mit den Beffchen) erscheinen bei Scheufler als Behinderer der Jesus-Nachfolge, zu sehr mit sich selbst und ihrer Zukunft (Milieustudien!) befasst, um den hungrigen Gläubigen Nahrung zu geben. Kudos, Herr Scheufler, selten so pfiffig formulierten Anti-Klerikalismus gelesen!
Nun muss man ja nicht in jedem Fall Fan des EKD-Way-of-Life sein, um erkennen zu können, worum es Scheufler geht: Der wahre Glaube ist nicht bei den Beffchenträgern zu finden, sondern nur bei mir (uns), die wir das Wort des Herrn rein verkünden ohne uns vom „Zeitgeist“ ablenken zu lassen. Wo habe ich das nur eben schon mal gelesen? Ach ja, auch Ulrich Parzany lässt keinen Gelegenheit aus, die evangelischen Christen innerhalb der EKD als Ungläubige und Häretiker abzustempeln. (Sein initialer Widerspruch gegen Michael Diener ist übrigens auch auf der Website des Evangelisationsteams erschienen.)
Im Staub der Vernebelung kommen Schlangen angekrochen und zischen: „Sollte Gott gesagt haben?“ Sie wissen ganz genau, was die Heilige Schrift alles nicht sagen darf. Sie haben ja Theologie studiert! Der einfache Mann, der einfach nur die Bibel lesen und Jesus nachlaufen will, wird von ihnen verführt.
Auch der Anti-Intellektualismus Parzanys erfährt bei Scheufler fröhliche Wiederkehr. Wissenschaftliche Theologie und kirchliche Verkündigung, die sich ihr gegenüber verantwortet, setzt Scheufler mit dem biblischen Verführer der Genesis gleich. Sollte man das als Kompliment nehmen?
Schließlich war es die Verführung, die den Menschen ihre Freiheit gab. Freiheit, selbst einschätzen zu können, welche Verkündigung, welcher Glaube trägt. Doch Scheufler ist wohl an denen gelegen, die so „einfach“ sind, dass sie am liebsten einfach irgendjemandem und irgendetwas nachlaufen. Denn was er meint ist ja wohl: Vertraut meiner Bibellese, vertraut meiner Theologie. Die ist einfach, die ist konkret, die ist unbelastet von komplizierten Fragen. Zumindest ist doch bei Scheufler eine erhebliche Geringschätzung des eigenen Publikums spürbar.
Von hinten kommen auf dem Jesus-Weg kläffende Hunde. Sie wollen die Christen zu Fall bringen. Sie hassen Jesus. Und deshalb verfolgen sie die Christen. Manche dieser Kläffer sind mit Kamera und Mikrofon bewaffnet, andere mit Gewehr und Machete.
Die einfache Struktur der Sätze täuscht nicht, hier geht es um einfache Wahrheiten. An diesen wenigen Sätzen ist so viel falsch, dass man gar nicht weiß, wo man beginnen soll. Die Presse wird hier mit dem IS gleichgesetzt, der Menschen enthauptet und Gewaltverbrechen unfassbaren Ausmaßes verübt. Ich höre es „Lügenpresse, Lügenpresse“ schallen. Sind damit alle Journalisten gemeint? Oder im besonderen jene NDR-Journalisten, die sich in der evangelikalen Szene mal ein wenig umgeschaut haben?
Christen werden von Muslimen laut Scheufler verfolgt, weil jene „Jesus hassen“. Entweder weiß Scheufler nicht um die Bedeutung Jesu im Islam oder er verdreht sie mit Absicht, um sein Ziel zu erreichen: Hetze gegen alle Muslime. Scheufler geht es nicht um Religionsfreiheit als Menschenrecht, sondern darum, allen Muslimen zu unterstellen, sie würden den Heiland hassen. Eine alte christliche Denkfigur ist das, christlicher Antijudaismus gar nicht anders denkbar („Wer hat Jesus getötet? – Die Juden!“). Bei Scheufler wird daraus ein christlich verbrämter Islamhass. Auch dieser feiert zur Zeit auf sächsischen Straßen und Plätzen fröhliche Urstände.
Ich weiß nicht was der Jesus-Weg eigentlich sein soll, aber Scheufler meint damit wohl den Leidensweg Jesu bis ans Kreuz. Auf diesem Leidensweg befinden sich auch die Christen hierzulande, denen Mikrofone unter die Nasen gehalten werden. Scheufler weiter:
Auch wenn Christen in manchen Medien als Dummköpfe dargestellt und lächerlich gemacht werden, sagt Jesus: „Bittet für die, die euch beleidigen.“
Dass in diesem Land in den Zeitungen stehen darf, was gefällt, solange es sich im Rahmen der Gesetze dieses liberalen Rechtsstaates befindet, setzt Scheufler mit der Passion Christi und Christenverfolgungen gleich.
Auch wenn Christen einen Kopf kürzer gemacht werden, sagt Jesus: „Erhebt eure Häupter.“
Auch wenn Christen in den Kopf geschossen wird, sagt Jesus: „Eure Erlösung naht!“
Den verfolgten Christen im alten Rom wurde von ihren Gemeinden freigestellt, vor dem Tribunal ihren Glauben zu leugnen, um ihr Leben zu bewahren. Und ich gehe selbstverständlich davon aus, dass auch unser Gott ihnen verziehen hat, was überhaupt nicht unverzeihlich ist: sich an sein irdisches Leben klammern. Scheufler aber empfiehlt den verfolgten Christen im Irak und anderswo, ihren Kopf nicht aus der Schlinge zu ziehen, sondern ihn noch heraus zustrecken. Im Angesicht der realen Verfolgung von Christen ist das einfach nur noch zynisch.
Scheuflers Nähe zur Neuen Rechten und insbesondere zu Pegida in seinem kurzen Text nicht zu sehen, bedeutete, völlig geblendet durch die Welt zu schreiten.
Kommentare
5 Antworten zu „Lutz Scheufler, idea und die Neue Rechte“
Sie vergreifen sich hier doch sehr eindeutig im Ton und tun genau das, was Sie Herrn Scheufler vorwerfen. Als (überzeugter!) Nicht-Evangelikaler und Theologe kann man da nur den Kopf schütteln. Stehen Sie im Kontakt mit dem besagten Her und haben ihn um Stellungnahme gebeten?
Gerade der Satz „Scheuflers Nähe zur Neuen Rechten und insbesondere zu Pegida in seinem kurzen Text nicht zu sehen, bedeutete, völlig geblendet durch die Welt zu schreiten.“ zeigt, dass Sie als Relativist an Ihrem eigenen Weltbild zerbrechen und Maßstäbe absolut setzen müssen. Traurig, aber eben ein Zeugnis, wie die Vermeidung vernunftgemäßer Exegese und Ersetzung derselben durch polemisch motivierte Eisegese, einen banalen Scherbenhaufen an politisch unreflektiertem, ideologisch verbrämtem Geschwurbel als christliche Verkündigung verkaufen will.
Greifensteins Nähe zum Alten Stalinismus und insbesondere zur terroristischen Antifa in seinem kurzen Text nicht zu sehen, bedeutete, völlig geblendet durch die Welt zu schreiten.
Das ist schon ein recht verzweifelter Versuch, Scheufler in die rechte Ecke zu stellen.
EKD Kritik: Vergleichen Sie die mal mit der Kritik von Kierkegaard an der dänischen Staatskirche seiner Zeit, die ist von den Sprachbildern und der Intensität her sehr ähnlich und hat nichts mit rechts zu tun. Außerdem ist bei Scheufler nichts von der Pauschalieren zu sehen, die Sie da hereininterpretieren. Er sagt nicht „die Beffchenträger“ machen das, sondern unter denen, die das machen, sind auch Beffchenträger. Ihre Interpretation legt da erst die pauschale Aggression herein. Aber: Was hat das mit rechts zu tun ? Ihr Argument scheint ungefähr so zu laufen: Die Rechten kritisieren die EKD grundsätzlich, also ist jeder, der die EKD kritisch sieht , rechts.
Die rechten gehen regelmäßig aufs Klo, ich auch, bin ich daher rechst?
Zum Islam: Ja, da gibt es Jesus Liebe, aber entweder sie bleibt im Rahmen der islamischen Jesus-Deutung und dann ist es eben nicht die Liebe des „mein Herr und mein Got“t , sondern eine Liebe zu einem umgedeuteten Jesus. Oder sie geht darüber hinaus und dann sind solche Muslime schon auf dem Weg aus dem Islam hinaus. Aber wieder: Die Pauschalierung hat Scheufler doch garnicht gemacht. Er spricht hier überhaupt nicht von „dem Islam“ oder „den Muslimen“. Er sagt nur, dass es Menschen gibt, die Jesus hassen. Und da hat nunmal recht. Er setzt die untereinander auch keineswegs gleich. Er stellt verschiedene Ausdrücke dieses Hasses bei verschiednen Menschen nebeneinander. Es wäre sehr gefährlich jede Art der Kritik, die auch Muslime treffen könnte, schon als rechts zu bezeichnen. Das ist nämlich Wasser auf die Mühlen der wirklich Rechten, die dann sagen: Seht mal, bei uns darf man nicht mehr sagen, was man denkt.
Und: Es ist ein urevangelisches Anliegen, dass die Gemeinde/jeder Christ Recht und Auftrag hat, die Bibel zu lesen und auszulegen. Dabei darf es keine Denkverbote geben, auch nicht das, die Mehrheitsmeinung der „Experten“ in Frage zu stellen. Ich habe selber mit Freude und Gewinn Theologie studiert, könnte Ihnen aber jetzt leicht eine lange Reihe von Beispielen aufstellen, wo in wissenschaftlichen Kommentaren oder in Vorträgen dekorierter Professorinnen und Professoren offensichtlicher Unsinn behauptet wurde. Einfach schon auf der Ebene von Argumentationslogik und normalen Interpretationsregeln. Daneben wird natürlich auch viel großartiges, weises usw. geschrieben. Da kann und muss man jeden ermutigen, sein eigenes Urteil zu fällen. Leider habe ich tatsächlich auch schon Menschen gehört, die mir eine in einer sachlichen Diskussion auf ein Argument antworteten: „Da wird schon was dran sein, denn es hat ja ein Theologe geschrieben.“ Bei uns sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Experten nicht per Posten/Titel u.ä. Autorität bekommen, sondern durch Kompetenz, stichhaltige Argumentation, Kongruenz der Aussagen usw. Das ist leider längst nicht immer der Fall.
Aber noch einmal: was hat das mit rechts oder links zu tun?
Und schließlich: Ich hoffe auch, dass Gott denen vergibt , denen der Mut zum Märtyrertum fehlt, und dass er mit vergeben würde, sollte ich in so eine Situation geraten und diesen Mut nicht aufbringen. Aber das ändert nichts daran, das AT (z.B. Daniel) und das NT, wie auch viele Zügen der Kirchengeschichte zum Mut auffordern, Gott wirkliche an die erste Stelle zu setzen und dafür , wenn es sein muss, auch das Leben zu riskieren. Daran ist nichts zynisch, und schon garnichts rechts, in diesem Sinne würde ich auch Paul Schneider, Martin Luther King Jr. oder Dietrich Bonhoeffer zu den Märtyrern zählen. Rechts ist daran garnichts.
Ich teil die Sorge von einer zu großen nähe mancher Christen, die sich konservativ nennen, zur sehr rechten politischen Positionen.
Aber wir müssen hier fair bleiben: Wo jemand eine Wende der Erinnerungskultur zur Nazizeit fordert, wo jemand rassistische Dinge äußert, wo jemand antisemitische Dinge äußert, da müssen wir klar wiedersprechen. Und wo es, wie etwa bei Höcke, eine kalkulierte Kommunikationsstrategie gibt, mit der er seine unhaltbaren Positionen und letztlich faschismusnahe Gedanken verkaufen will , da müssen wir klar widersprechen und die aufklären, die auf die Strategie hereinzufallen drohen.
Nichts davon steht in diesem Text von Scheufler. Erst durch eine sehr pauschalierende Interpretation wird her der Skandal hineingelesen, und da stellt sich dann schon die Frage, was diese alarmistische Interpretation motiviert. Ich kenne Scheufler persönlicher nicht, aber seine Textausschnitte heir belegen nun wirlklich keine rechte Gesinnung.
Frei nach Forest Gump: Rechtsradikal ist, wer rechtsradikales äußert. Und nicht, wer die EKD kritisiert, Christen zu eigenständiger Bibelasulegung motiviert, Christenverfolgung benennt und mit Bibel und Kirchengeschichte auf die Möglichkeit des Märtytertums hinweist.
für diesen Kommentar bin ich Herrn Roggenkamp dankbar, denn er begründet seine Argumente. Heute werden manchmal Leute in die rechte Richgtung gestellt, die es nicht sind, weil die Kritiker wenig Ahnung haben von Kirche und Glauben.
Ob jedes Argument hieb und stichfest ist… Ich weiß nicht, unter den Scheuffler Jüngern hier in der Region sehe viele AfD Freunde.