“We can’t repent what is not sin.” – Streit in der Anglikanischen Kirche

Mein heute veröffentlichtes Moment-mal zur Entscheidung der EKiR, gleichgeschlechtliche Partnerschaften absolut gleichzustellen, sollte eigentlich noch einen weiteren Absatz enthalten:

Die Entscheidung der EKiR fällt zeitlich zusammen mit der Entscheidung der Anglikanischen Weltkirche, die Episkopalkirche in den USA für drei Jahre von vielen kircheninternen Beratungen auszuschließen. Diese hatte zuvor die Trauung für homosexuelle Partnerschaften eingeführt. Die Episkopalkirche beantwortete die Sanktionen trotzig: We can accept these actions with grace and humility but the Episcopal Church is not going back. We can’t repent what is not sin.” Die fortschreitende Spaltung der Anglikaner hat ein neues Fanal.

Warum habe ich den Absatz rausgenommen?

Offenbar war die Presse mit ihrer Einschätzung der Lage etwas voreilig, wie ich im Verlauf des gestrigen Abends auf us-amerikanischen Blogs lesen durfte. Weil ich im Rahmen des Moment-mals auf die Geschehnisse nicht weiter eingehen konnte und wollte, habe ich den Absatz ganz entfernt.

Was ist passiert?

“Contrary to attention-grabbing, click-baiting headlines, last week’s meeting of Anglican Primates did not suspend The Episcopal Church (TEC). That’s what a lot of people hoped would happen, and many predicted would happen, but it didn’t. It is not even something that the Primates can do. Even what the Primates claim to have done overreaches what they have authority to do. What they actually claim to have done may be realised, but not automatically by virtue of their decision. They just do not have that power.” (von hier)

Wie immer ist es also komplizierter als es auf den ersten Blick erscheint. Die Primates der Anglikanischen Kirche sind Bischöfe, die je einer Landeskirche vorstehen – so ziemlich entsprechend z.B. Reinhard Marx in der Röm.-kath. Kirche in Deutschland, der Vorsitzender der (röm.-kath.) Deutschen Bischofskonferenz ist. Eine Landeskirche der Anglikaner erstreckt sich meistens über einen Nationalstaat. Die “Anglikanische Bischofskonferenz” hat sich auf ihrem Jahrestreffen klar für die Ehe ausschließlich zwischen Mann und Frau ausgesprochen.

Die Anglikanische Kirche ist ähnlich wie die Röm.-kath. Kirche eine Weltkirche. In ihr finden sich Anglikaner und Episkopale aus vielen Ländern des ehemaligen britischen Weltreiches zusammen. Dementsprechend unterschiedlich sind die Meinungen zu den “Verwirrungen der Moderne” ausgeprägt.

Die Episkopalkirche in den USA sticht seit Jahren durch einen äußerst progressiven Kurs in der Frage des Umgangs mit Homosexuellen hervor. Erst die Wahl des offen homosexuell lebenden Bischofs Robinson und jetzt schließlich die Trauung für homosexuelle Paare, die übrigens in Übereinstimmung mit dem us-amerikanischen Bundesrecht eingeführt wurde (anders die EKiR, die in ihrer Entscheidung über die bestehenden gesetzlichen Regelungen in Deutschland hinaus geht).

Das Verhalten der Episkopalkirche missfällt vor allem den anglikanischen Geschwistern in Afrika, so dass sich der jeweilige Erzbischof von Canterbury regelmäßig um Ausgleich bemühen muss. Ein anderes Beispiel: In der Church of England, der der Bischof vor allem vorsteht, werden seit Kurzem Frauen ordiniert. Auch das kritisieren konservative Landeskirchen stark.

Problem Weltkirche?

Es ist also eine Menge Sprengstoff drin in dieser anglikanischen Weltkirche, die aber ein Werkzeug des Guten sein will und deshalb zusammenbleiben möchte. Indem sie Kirchen aus reichen und armen Ländern, Industriestaaten und Entwicklungsregionen, erster und dritter Welt an einen Tisch bringt, hat die Anglikanische Kirche ein enormes Potential, Gutes zu bewirken.

Anders als die Röm.-kath. Kirche kann sie bei der Schlichtung von Streitigkeiten nun nicht einfach nach Rom schauen oder sich an einen klar definierten Chef wenden. Die Anglikanische Weltgemeinschaft wird von Synoden regiert, die Bischöfe ordentlich gewählt und selbst die Primas sind nur primus inter pares der Bischöfe ihrer Landeskirchen.

“Anglican bishops can sometimes (often?) sound like their Roman Catholic homonyms (or even like the pope!), giving the impression that they, rather than synods, govern the church. Primates, with double the plus-power of bishops, can sound even more so. But Primates are primus inter pares, first among equals on the bench of bishops. The primate of ACANZP is as subject to the church’s synodical governance as anyone else.” (von hier)

Es scheint also so zu sein, dass die Bischöfe überhaupt keine Befugnis hatten, ein Verbot der Mitarbeit auszusprechen. Ein Fanal in der langen Geschichte der inneranglikanischen Auseinandersetzungen ist die Entwicklung trotzdem: Sie führt vor Augen, dass die konservativen Bischöfe die Geduld mit ihren progressiven Glaubensgeschwistern aus dem Westen verlieren und sich um die Grundlegung ihres gemeinsamen Glaubens sorgen. Die Kirchen des Westens müssen aufpassen, dass sie die Spaltung ihrer Weltkirche nicht provozieren und damit auch ihren Einfluss auf Veränderungen in den konservativen Kirchen und den häufig ärmeren Ländern verlieren.

We can accept these actions with grace and humility but the Episcopal Church is not going back. We can’t repent what is not sin.”

Dieser Satz imponiert mir. Die Demut der westlichen Kirchen muss zu Gunsten höherer Ziele aushalten können, dass ihnen die konservativen Kirchen in Lehrfragen nicht folgen. Diese Demut kann dann auch ein Vorbild für jene sein, gemeinsamen Aufgaben, z.B. bei der Armutsbekämpfung, den Vorrang vor theologischen Streitigkeiten einzuräumen.

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