Nachtgedanken zur Berichterstattung über die AfD

Jetzt werden schon abgebrochene Interviews dokumentiert. Und der Abgang Alice Weidels ist auch ausreichend ausgeweidet worden. Das ist alles lächerlich. Zuerst und vor allem natürlich der Abgang selbst. Dieses Hintergrundrauschen und das permanente Hingaffen nutzt vor allem der AfD. Nun könnte ich einfach fordern: Klickt das nicht mehr! Denn Journalisten schreiben nun mal auch, was gerne geklickt und gekauft wird. In Deutschland würden noch immer Eier aus Käfighaltung gekauft, stünden sie in den Supermarktregalen. Allein mit der Forderung nach Konsumenten-Vernunft ist es nicht getan. Auch wenn das ein Anfang wäre. Trotz der Algorithmen. AfD-Berichterstattung kann und will ich auch nicht verbieten. Das ist ja sehr nützlich, diesen Unfug an die Öffentlichkeit zu zerren. Da muss Luft dran, dann trocknet das auch aus. Aber erinnern darf man schon: Zur journalistischen Sorgfaltspflicht gehört auch die Beachtung der Verhältnismäßigkeit.

7 andere gute Gründe für die Kirchensteuer

Dieser Beitrag bezieht sich direkt auf eine Diskussion auf dem evangelikalen Theoblog. Ich habe dort eine Lanze mehrere Lanzen für die Kirchensteuer gebrochen. Dieser Beitrag ist jetzt aber offensichtlich tatsächlich zu lang für die dortige Kommentarfunktion geworden.


Ich halte die Kirchensteuer nicht für das non plus ultra. Ich mag sie nur gegen ungerechtfertigte Kritik in Schutz genommen wissen. Es gibt da halt viele Missverständnisse, die in EKD-kritischen Kreisen wider besseres Faktenwissen gepflegt werden.

Die Kirchensteuer in Deutschland ist ja ein historisch (nahezu) einmaliges Konstrukt. Ich bin daher weit davon entfernt, zu behaupten, es ginge gar nicht anders. Nur muss man auch einmal sehen, was mit den Kirchensteuermitteln so angestellt wird. „7 andere gute Gründe für die Kirchensteuer“ weiterlesen

Rezension – “Leben dürfen – Leben müssen: Argumente gegen die Sterbehilfe” von Heinrich Bedford-Strohm

Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD und Bischof in Bayern, hat bereits 2015 ein Buch zur Sterbehilfe vorgelegt. Meine Rezensionsarbeit daran ist etwas liegen geblieben: Auf theologiestudierende.de ist damals schon eine Rezension aus anderer Feder erschienen, der ich kontrovers nichts hinzusetzen wollte. Denn für das Buch und die gesellschaftliche Debatte dahinter gilt, jedenfalls für mich, dass ich Polemik da gerne raushalten will.

Was das Buch ist

Dafür gibt Bedford-Strohms Buch auch kaum Anlass. Kritikern der Sterbehilfe, welcher Form auch immer, werden seine guten Argumente gegen eine Liberalisierung nicht nur gefallen, vielleicht werden sie sie erstmals geordnet und klug aufgeschrieben finden. Für Sterbehilfe-Kritiker ist das Buch, auch vom Ton her, ein Lehrbuch. Dem ehemaligen Professor Bedford-Strohm merkt man im positiven Sinne an, dass er es gewohnt ist, nicht allein für Spezialisten zu schreiben bzw. zu sprechen.

Auch den Befürwortern einer Liberalisierung der Sterbehilfe dürfte es schwerfallen, dieses Buch grundweg falsch zu finden. Denn, trotz Untertitel und persönlicher Haltung, handelt es sich überhaupt nicht um eine Streitschrift gegen jedwede Entwicklung in der Sterbehilfedebatte. Bedford-Strohm führt – auch hier kommt der Lehrbuchcharakter des Buches zum Tragen – eben auch in jene Überzeugungen ein, denen er nicht zustimmt. Und zwar nicht nur in der Weise, die es ihm leicht macht, die gegenläufigen Meinungen abzukanzeln.

Bedford-Strohm referiert im Gegenteil die unterschiedlichen ethischen Zugänge respektvoll und jeweils daran interessiert, was aus der jeweiligen Richtung für die Debatte zu lernen ist.

Insofern kann die Lektüre dieses Buches jedem ans Herz gelegt werden, der sich erstmals in die Sterbehilfe-Debatte einlesen möchte und dabei gerne von berufener Seite, d.h. von einem profilierten öffentlichen Theologen, begleitet werden möchte.

Was das Buch nicht ist

Anders als der Untertitel vermuten lässt, ist das Buch keine Streitschrift für eine, gar die amtlich verordnete Sicht auf die Sterbehilfe, die sich sicher einige christliche Sterbehilfe-Gegner gerade von einem Ratsvorsitzenden wünschen würden. Diese Erwartungshaltung unterläuft Bedford-Strohm und bleibt sich als Wissenschaftler treu. Ich empfinde das als großen Vorteil, andere mögen den mangelnden Dogmatismus kritisieren. Mir ist ein Theologe und Kirchenmann lieber, der als sich selbst überprüfendes und darum vorsichtiges Subjekt auftritt, als einer, der Glaubenssätze einfach wiederkäut.

Es handelt sich allerdings trotz aller Abwägungen und Nachdenklichkeit auch nicht um ein akademisches Werk und auch nicht um ein Kompendium aller in der Debatte vorgelegten Standpunkte. Gelegentlich wünscht man sich, ist man mit der Sterbehilfe-Debatte vertraut, weiter differenzierte und herausfordernde Gedanken, wie sie zum Beispiel Friedrich Wilhelm Graf vorgetragen hat. (Darüber habe ich seinerzeit einen Essay auf theologiestudierende.de geschrieben.)

Fazit

Vor allem ist das Buch ein Appell für mehr Nachdenklichkeit und Sorgfalt im Umgang mit (scheinbar) einfachen Optionen der Sterbehilfe. Bedford-Strohm wirbt für ein begleitetes, würdevolles Sterben, ohne die schwierigen ethischen Konflikte am Lebensende aus dem Blick zu verlieren. Damit fordert er unsere Gesellschaft heraus, eine andere Kultur des Sterbens zu entwickeln.

PS: Der Verlag hat auf Youtube ein Gespräch Bedford-Strohms zum Buch zu Verfügung gestellt. Das ist doppelt gefärbt: Erstens, weil es natürlich in werbender Absicht des Verlags geschieht, und zweitens, weil sich Bedford-Strohm mit einer Pfarrerin seiner bayerischen Landeskirche unterhält. Dessen eingedenk aber ein spannendes Gespräch.

(Ich habe vom Verlag ein kostenloses Rezensionsexemplar erhalten.)

Leben dürfen – Leben müssen:
Argumente gegen die Sterbehilfe
Heinrich Bedford-Strohm
Kösel-Verlag
17,99 €

Religion im Klassenzimmer

Ich habe mich gestern über einen Artikel auf dem Jugendportal von ZEITonline, ze.tt, gewundert. Damit war ich nicht allein, doch dazu später mehr. Ze.tt macht bis heute Morgen mit einem Artikel unter der Überschrift “Religion hat in staatlichen Schulen nichts zu suchen” auf.

Ich habe am Inhalt des Artikels mehrere Dinge auszusetzen. Was mich allerdings nicht stört, ist die Freiheit, die sich die Autorin nimmt, ihre religionskritische Haltung deutlich zu machen. In der Religionsgesetzgebung und vor allem -Anwendung gibt es in Deutschland viele Widersprüche. Die Bevorzugung der großen christlichen Religionsgemeinschaften fällt auf die Kirchen zurück. Sie ist ein Ärgernis, das abgestellt werden sollte. „Religion im Klassenzimmer“ weiterlesen